Der Marktführer der Sammel- und Verwertungssysteme betont in einem Maßnahmenpaket die Bedeutung von Entsorgungssicherheit und Kreislaufwirtschaft und fordert Unterstützung für den Weiterbestand des österreichischen Recyclingsystems. Nur so könnten Entsorgungssicherheit und lokale Wertschöpfung gesichert werden.
Für die EU-Kreislaufwirtschaftsziele müsse das Recycling von Kunststoffverpackungen bis 2025 verdoppelt werden, derzeit stünden jedoch 75 % der Anlagen krisenbedingt still. Für 2019 bilanziert die ARA positiv: Mit rd. 1,09 Mio. Tonnen gesammelten Verpackungen und Altpapier befinde man sich weiter auf Rekordniveau (+ 0,2 % zu 2018).
„Wirtschaftsforscher und Politik sprechen von der größten Wirtschaftskrise seit 75 Jahren. Die Auswirkungen des Konjunktureinbruchs auf die Sammelsysteme und die Nachfrage nach Recyclingrohstoffen sind unübersehbar und gefährden das österreichische Recyclingsystem“, macht ARA-Vorstand Christoph Scharff deutlich. „Wir müssen jetzt handeln. Wir müssen die Entsorgungssicherheit für die Bevölkerung, Gemeinden und Betriebe gewährleisten, den Erhalt von Arbeitsplätzen und Wertschöpfung sichern sowie Österreichs Wirtschaft weiterhin mit hochwertigen Sekundärrohstoffen versorgen. Bei all dem dürfen wir keinesfalls die Zukunft und unsere europäischen Kreislaufwirtschaftsziele aus den Augen verlieren: Umwelt- und Klimaschutz durch Ressourcenschonung. Unser Verpackungsrecycling liefert jährlich nicht nur rund 900.000 Tonnen Recyclingrohstoffe, sondern entlastet auch das Klima jedes Jahr um rund 700.000 Tonnen CO2- Äquivalente. Die in Österreich erfolgreich etablierte Kreislaufwirtschaft darf nicht der Corona-Pandemie zum Opfer fallen. Im Gegenteil: Wir müssen unsere langjährig aufgebauten, stabilen Recyclingstrukturen durch die Krise durchtragen, um aufbauend auf diesem Fundament weiterhin für die Herausforderungen der Zukunft gewappnet zu sein.“
Österreich sei im Recycling im europäischen Spitzenfeld und habe bereits heute die Zielvorgaben des EU-Kreislaufwirtschaftspakets 2025 für Verpackungen aus Papier, Glas und Metall erfüllt. „Kunststoff bleibt jedoch die große Herausforderung“, so ARA-Vorstand Werner Knausz. Um die von der EU vorgeschriebene Recyclingquote von 50 % Kunststoffverpackungen im Jahr 2025 zu erreichen, brauche es eine Verdopplung des Recyclings von aktuell 75.000 Tonnen auf 150.000 Tonnen in den kommenden vier Jahren.
Dazu komme die aktuell schwierige Situation der Kunststoff-Recyclingbranche. „Der durch die Krise bedingte Rohölpreisverfall, der enorme Kostendruck auf Unternehmen sowie der Stillstand ganzer Industrien führten aktuell zu einem Einbruch der Nachfrage von Recyclingrohstoffen. Es drohten der Verlust von Arbeitsplätzen, Insolvenzen sowie große Einbußen entlang der Wertschöpfungsketten. All das erschwere die Erreichung der EU-Ziele beträchtlich. Denn mittelfristig sei mit keiner Erholung zu rechnen und am Ende fehlzen die notwendigen Mittel für Investitionen. Diese aber werden gerade jetzt dringend benötigt: Um die EU-Ziele 2025 zu erreichen, seien in den nächsten Jahren Investitionen zur Kapazitätssteigerung bei Sammlung, Sortierung und Recycling im Haushalts- und Gewerbebereich um jeweils 40 % notwendig“, weist Knausz auf die prekäre Lage hin. „Deshalb brauchen wir jetzt rasche, effiziente und nachhaltige Unterstützung, damit die Kreislaufwirtschaft in Österreich nur wenige Monate verliert, aber nicht um Jahre zurückfällt.“
Mitte April hatte die Europäische Kommission in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie die Abfallwirtschaft als essenzielle Dienstleistung eingestuft und die Mitgliedsstaaten auf staatliche Beihilfemöglichkeiten in Form direkter Zuschüsse hingewiesen. Die Kontinuität bei Entsorgungsdiensten sei von entscheidender Bedeutung für die Gesundheit, die Umwelt und die Wirtschaft .
„Die österreichische Bundesregierung hat erste wichtige Schritte gesetzt und u.a. mit Hilfsfonds oder Fixkostenzuschüssen Unterstützung zugesichert. Wir begrüßen diese Initiativen und sind noch einen Schritt weiter gegangen. Auf Basis von Gesprächen mit BMK, WKO, IV, VOEB sowie Gemeindebund und Vertretern der Bundesländer haben wir ein ‚Resilienzpaket‘ geschnürt, das wir bereits an die Politik herangetragen haben. Es soll strukturelle Unterstützung für die Akteure der Branche bringen“, erklärt Scharff. Damit könnten Sammlung, Sortierung und Recycling aufrechterhalten und derzeit nicht absetzbare Sekundärrohstoffe zwischengelagert werden. Als weitere Konsequenz würden die Arbeitsplätze entlang der Wertschöpfungskette gesichert werden und ausreichend Recyclingrohstoffe beim (Neu-)Start den österreichischen Produktionsbetrieben zur Verfügung stehen.
Die Recyclingbranche sei durch hohe Fixkosten gekennzeichnet: Sammelsysteme können nicht kurzfristig ab- und wieder aufgebaut werden. Zudem gelte es, das Vertrauen der Bevölkerung in die klaglose Sammlung und Verwertung zu bewahren. Die Unterdeckung der systemspezifischen Fixkosten sowie Liquiditätsausfälle bei den Verwertern durch mangelnde Nachfrage nach Recyclingkunststoffen sollen über das Corona-Hilfspaket – durch Direktzuschüsse und Vorfinanzierungen – kompensiert werden. Dafür, so Scharff, müssten die Richtlinien für Direktzuschüsse im Rahmen der COVID-19-Hilfsmaßnahmen bedarfsgerecht angepasst werden. Insgesamt handle es sich hier um ein geschätztes Gesamtvolumen von rund 70 Mio. Euro für den Sektor Abfall- und Kreislaufwirtschaft. „Unser Dank richtet sich an die zahlreichen Akteure der Abfallwirtschaft, die in den vergangenen Wochen unter erschwerten Bedingungen das Recyclingsystem in Österreich aufrechterhalten haben“, so Scharff. „Wir sind froh, bisher mit unserem Anliegen im Klimaschutz- und im Wirtschaftsministerium Gehör gefunden zu haben, und brauchen nun dringend konkrete Maßnahmen.“
„Ohne Zweifel war 2019 ein erfolgreiches Jahr für die ARA“, hält Knausz fest. „Dank mehr als 25 Jahren gelebter Produzentenverantwortung und der ARA Verpackungssammlung aus Haushalten und Betrieben gehören wir in Sachen Recycling weiter zu den Besten Europas. Mehr als 15.000 Unternehmen – das sind rund drei Viertel des Gesamtmarktes – vertrauen unserer Expertise. Die stellen wir in vielen Bereichen unter Beweis – bei Entpflichtung, Stoffstrommanagement oder im Rahmen von ‚ARA Circular Design‘. Hier optimieren wir gemeinsam mit Kunden, Verpackungsherstellern und Forschern – z.B. dem Institut cyclos-HTP, dem Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik oder dem FH Campus Wien – die Rezyklierbarkeit von Verpackungen und steigern gleichzeitig den Einsatz von Recyclingmaterial signifikant“, unterstreicht Knausz.
Seit mehr als einem Vierteljahrhundert arbeitetdie ARA an Ausbau und Optimierung des österreichischen Sammel- und Verwertungssystems. Auch 2019 sei es zu Erweiterungen gekommen: Gesamt standen für die Sammlung der Verpackungen aus Haushalten rund 1,91 Mio. Behälter zur Verfügung. Das entspreche einer neuerlichen Steigerung um 2,4 % im Vergleich zu 2018. Parallel sei auch die Leichtverpackungssammlung (überwiegend Kunststoffverpackungen) ab Haus mit dem Gelben Sack ausgebaut worden: Bereits 1,78 Mio. Haushalte (+2,6 % zu 2018) würden diese nutzen. Insgesamt hätten mehr als fünf Millionen Menschen die Leichtverpackungssammlung unmittelbar beim Haus. Auch die Akzeptanz der getrennten Müllsammlung innerhalb der österreichischen Bevölkerung befinde sich unverändert auf einem Rekordhoch. Laut einer aktuellen IMAS-Umfrage sammeln 97 % der Österreicherinnen und Österreicher getrennt, 95 % bewerten das Konzept der Mülltrennung mit „sehr gut“ oder „gut“. Und nur für rund ein Viertel der befragten Personen stelle die getrennte Sammlung einen zusätzlichen Zeitaufwand dar. All diese Faktoren führten dazu, dass das All-Time-High von 2018 gehalten werden konnte: Mit rund 1,09 Mio. Tonnen gesammelter Verpackungen und Altpapier habe das Vorjahresergebnis um 0,2 % leicht gesteigert werden können. Die Pro-Kopf-Sammelmenge liege bei 113 kg.
„Mehr denn je brauchen wir nun den Schulterschluss zwischen Wirtschaft, Politik, Produzenten und Konsumenten, Entsorgungswirtschaft sowie Gemeinden“, appelliert ARA-Aufsichtsratsvorsitzender Alfred Berger. „Denn der Weg aus der Krise und die Erfüllung der EU-Kreislaufwirtschaftsziele kann nur gemeinsam gelingen. Damit Österreichs Wirtschaft ihre Produzentenverantwortung auch in Zukunft wahrnehmen kann, braucht es eine funktionierende erfolgreiche Recyclingwirtschaft, die es mit allen notwendigen – auch finanziellen – Mitteln abzusichern und handlungsfähig zu halten gilt. Mit Blick auf die europäischen Zielvorgaben müssen wir die Kreislaufwirtschaft in Österreich nicht nur weiterführen, sondern ausbauen. Das wird ohne Planungssicherheit für Unternehmen sowie konsequente Weiterentwicklung nicht funktionieren. Wir brauchen jetzt die Investitionen, die den oftmals zitierten grünen Übergang unterstützen und uns im Klimaschutz im Sinne zukünftiger Generationen helfen.“